Siegfried Neuenhausen

Blinde Kuh

Bronze zweiteilig, ca. 20 cm, 2002

Siegfried Neuenhausens Arbeit „Blinde Kuh“ ist nicht raumgreifend, wie andere Werke dieser Ausstellung, sondern klein. Fast winzig wirken die beiden Männer, die in Mantel und Hut, mit ausgestreckten, erhobenen Händen aneinander vorbeizugehen scheinen. Der Titel der Arbeit ist gut gewählt, die Körperhaltung der beiden Figuren, die der Künstler meisterhaft eingefangen hat, lässt die Besucher:innen sofort erspüren, dass die beiden tastend, unsicher, fast hilflos in ihren Bewegungen sind. Sie werden sich verfehlen, an einander vorbeilaufen, ohne sich ertasten zu können. Der Künstler greift damit auf eine überlieferte Form der Darstellung von Blinden in der bildenden Kunst zurück. Vor allem der nach oben gerichtete Blick und das hochgereckte Kinn, weisen deutlich auf die Blindheit seiner Figuren hin. Ihre Gesichter wirken konzentriert, die Münder sind ein Strich, so groß scheint die Anstrengung zu sein, die sie die Situation kostet. Die Hände wirken groß und überproportioniert. Dadurch unterstreicht der Künstler ihre neue Funktion als Brücke in die Welt.

Durch seine Spiegelung der Figuren, bricht der Künstler jedoch aus dem gewohnten Formenkanon aus. Der sonst so oft dargestellte Helfer des Blinden – ob ein Kind, ein Hund oder ein Stock – wird hier durch einen anderen Blinden ersetzt. Auch Darstellungen dieser Art finden sich zuhauf in der Kunstgeschichte, jedoch begegnen sich die dargestellten blinden Menschen nicht, sondern schreiten in einer Reihe, sich gegenseitig stützend. Hier jedoch kann keiner dem anderen behilflich sein. Allein und isoliert streben die beiden aufeinander zu und aneinander vorbei.

Kommentar des Künstlers